Mit minimalistischen Mitteln Maximales erreichen – wohl ein Traum der meisten Schülerinnen und Schüler – ist ein charakteristisches Merkmal der zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandenen Musikrichtung der Minimal Music. Typisch für diese Musik ist die Reduktion auf übersichtliche, klare und sich oft wiederholende musikalische Strukturen, die durch ständige minimale Variationen eine fast unmerkliche Veränderung der Musik hervorrufen. Ähnliche Strukturen lassen sich auch in populärmusikalischen Bereichen wie der „Chillout-Musik“ und des Techno erkennen.
Für den Grundkurs der MSS 13 bestand in den letzten Musikstunden ihrer Schulkarriere die Aufgabe, auf Grundlage von Steve Reichs Stück „Piano Phase“ dessen kompositorischen Gestaltungsregeln des Phase-Shiftings anzuwenden und in einer eigenen Komposition umzusetzen. Hierzu wurde die kostenlose Notationssoftware „Musescore“ verwendet.
Ein Beispiel für ein äußerst gelungenes Ergebnis stellt die Komposition von Lisa Boeder dar. Ihr Stück basiert auf zwei kurzen unterschiedlichen melodischen Phrasen, die jeweils von zwei Instrumenten mehrfach hintereinander geloopt (wiederholt) werden, bevor ein Instrument die jeweilige Phrase um einen bestimmten Notenwert verschiebt. Das Ohr nimmt die sich ständig neu überlagernden Tonfolgen (Phasenverschiebungen) als neue „Summationsklänge“ wahr. Durch die stetigen Wiederholungen in Verbindung mit den minimalistischen Veränderungen droht dem Hörer der Verlust der musikalisch-zeitlichen Wahrnehmung, die Musik scheint im Raum zu schweben und es entsteht eine meditative, evtl. auch hypnotische Wirkung.
Ergänzend zu den beiden Hauptstimmen verwendet die Komponistin ein Begleitgerüst bestehend aus einem Schlagzeugbeat, groovigen Basspatterns und längeren Streicherklängen, eventuell um ein gewisses Maß an Orientierung und einen gefälligeren Höreindruck beim Rezipienten zu erzeugen.
Michael Rodarius (Fachschaft Musik)
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